Drei Jahre Mama von drei Kindern – eine Bestandsaufnahme

Drei Jahre Mama von drei Kindern – eine Bestandsaufnahme

Heute feiert mein jüngster Sohn seinen dritten Geburtstag. Seit drei Jahren bin ich nun Mama von drei wundervollen Kindern und nehme diesen Festtag zum Anlass, um aufzuschreiben, was ich bisher von meinen Kindern und vom Leben lernen durfte. Die wichtigste Erkenntnis ist wohl die, dass das Leben stetig fließende Veränderung ist. Oftmals so fließend, dass ich hinterher gar nicht mehr genau sagen kann, wann wir eigentlich welche Routine und welchen Ablauf geändert und unseren sich stetig wandelnden Bedürfnissen angepasst haben. Manchmal (im Moment tatsächlich viel zu selten) sitze ich dann mit meinem Mann abends zusammen auf dem Sofa und wir beginnen Sätze mit „Weißt du noch, als wir…“, dann folgen Rückblicke auf scheinbar nie enden wollende Einschlafbegleitungen, zum drölfzigsten Mal dasselbe Buch vorgelesen, Beikoststarts bei denen mehr Essen im Umkreis von mindestens zwei Metern auf Boden und Möbeln, als im Magen der Kinder gelandet ist (dabei haben unsere beiden Hunde damals ganz hervorragende Vorarbeit zur Grundreinigung geleistet). Phasen des Familienlebens, die sich schrecklich unendlich anfühlen, wenn man gerade mittendrin steckt. Und am Ende gehen sie alle vorüber. Soviel ist klar. Und schneller, als du es merkst, kannst du dich gar nicht mehr genau daran erinnern, seit wann die Kinder abends innerhalb weniger Minuten einschlafen, stellst fest, dass kaum mehr Essen unter dem Tisch landet und fragst die Kinder, wann du endlich mal wieder dieses eine Buch vorlesen sollst…

Foto: Kristina Klinger

Das Leben ist Veränderung. Das Familienleben erst recht. Je mehr Familienmitglieder, desto mehr unterschiedliche Bedürfnisse gilt es unter einen Hut zu bringen. Kompromisse vereinbaren, ausloten, was für jede:n Einzelne:n gerade wichtig ist. Meine persönlich größte Herausforderung ist dabei, Tränen fließen lassen (egal von wem), Frust aushalten, Streit begleiten, für Wut einen guten Kanal finden. Gefühle aller Art rauslassen, annehmen und – als Eltern – aushalten können. Nur zu leicht – und das hat in der Regel mit den Erfahrungen aus unserer eigenen Kindheit zu tun – liegt der Fokus besonders bei „negativen“ Gefühlen ganz schnell auf dem Kind. Was ist nur mit diesem oder auch deinem (nicht mehr meinem) Kind los? Bewusstwerden ist dabei schon mal ein ganz wichtiger Schritt. Sich und die eigene Ausdrucksweise reflektieren. Warum halte ich es so schwer aus, wenn mein Kind wütet? Warum schiebe ich mein Kind wortwörtlich von mir weg, indem ich „das/dein Kind“ sage? Ist mein Kind nur dann wertvoll und liebenswert, wenn es sich jederzeit brav und angepasst verhält? Habe ich das möglicherweise selbst so erlebt? Oder geht es vielmehr darum, meinem Kind zu zeigen, dass ich es immer liebe, egal was (auch später im Leben) passiert? Sich in solchen Momenten fragen, was hat damals in ähnlichen Situationen mit mir als Kind stattgefunden? Wie haben meine Eltern reagiert? Haben es die eigenen Eltern geschafft, alle Gefühle empathisch und in Ruhe zu begleiten, oder habe ich durch andere Reaktionen meiner Eltern gelernt, bestimmte Gefühle zu unterdrücken? Vielleicht empfindest du extremes Unwohlsein, wenn dein Kind laut spielt? Möglicherweise kommen Gedanken auf wie, „Mist, gleich beschweren sich sicherlich die Nachbar:innen!“ Dabei geht es hintergründig um viel mehr. Vordergründig ist das Leben nun mal lebendig! Und das ist im Grunde wunderschön und lebenswert. Wie wäre das Leben denn, wenn wir alle brav und still, hübsch und ordentlich (spür mal hin, was diese Worte in dir bewirken) in Reihen auf unseren Stühlen sitzen würden? Niemand würde sich ungefragt äußern, niemand wäre neugierig auf das Leben, niemand würde Dinge erkunden, sich mit Sachen beschäftigen, die sie/ihn Raum und Zeit vergessen lassen, niemand aus vollem Herzen lachen, niemand wild und frei tanzen, sich bewegen. Leben eben. In meinen Augen wäre das Leben dann ziemlich tot. Deshalb lass die Nachbar:innen sich ruhig beschweren. In den meisten Fällen passiert das sowieso nur in deiner Vorstellung und es klingelt tatsächlich genau: niemand. Und falls doch, dann weißt du, dass auch in dieser Person ganz viel aus der eigenen Kindheitserfahrung wirkt, die es ihr/ihm so schwer macht, das laute Leben auszuhalten. Ich kann an dieser Stelle also sagen, dass meine Kinder mich ein ziemlich großes Stück näher zu mir selbst gebracht haben, dass ich mich seit ich Mama bin, so viel mehr mit mir selbst und mit meinen Erfahrungen, mit mir als Kind auseinandersetze, als je zuvor. All diese Themen sind mir vorher einfach nicht in den Sinn gekommen. Viele Themen brauchen sicherlich Zeit, um zu uns zu finden und treten dann in Erscheinung, wenn wir bereit dazu sind uns mit ihnen zu beschäftigen.

Foto: Julia Rosenberger

Es sind also nicht nur meine drei Kindern, die mich täglich ein Stückchen näher zu mir selbst bringen, sondern zu einem sehr großen Teil besonders ich selbst, als Kind, meine inneren Kindanteile. Denn du selbst als Kind bist immer noch da, auch wenn seit deiner Kindheit mittlerweile vielleicht schon ein paar Jahre vergangen sind. In der eigenen Kindheit zu graben ist bei Weitem nicht immer einfach, es geht mitunter ziemlich matschig zu, wenn du es aber zulässt, dass dich dein/e Kind/er an deine Kindheitsthemen heranführen, du einfach loslegst und die Fortschritte bzw. Erkenntnisse sichtbar werden – es gibt kaum etwas so tief Befreiendes. Deshalb feiere ich heute nicht nur meinen dreijährigen Sohn, der wahrlich die Sonne im Herzen trägt, sondern auch mich selbst für den Weg, den ich bisher zurückgelegt habe und die Stärke, die jede Mutter in sich trägt.

Spring ins kalte Wasser – ganz nach dem Motto: Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit!



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